Familienrecht III: Ungleiche Mütter

Die Rechtsanwälte Dr. Jacobi und Kollegen beleuchten in dieser Serie aktuelle und künftige Änderungen im Familienrecht. Hier geht es um den Unterschied bei Unter-haltsansprüchen zwischen geschiedenen und nicht verheirateten Eltern, der gemil-dert werden soll.

Bei den Unterhaltsansprüchen von Müttern, die ein Kind betreuen, stellen sich zurzeit geschiedene Mütter besser als nicht verheiratete. Wegen des erheblichen Unter-schiedes soll es ab April 2007 eine Neuregelung geben.

Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung muss der geschiedene Elternteil, der ein Kind betreut, frühestens dann wieder erwerbstätig werden, wenn das Kind etwa acht Jahre alt ist. Ein nicht verheirateter Elternteil dagegen erhält heute nach der Geburt des Kindes nur bis zu drei Jahre Betreuungsunterhalt und muss dann wieder arbeiten, wenn dies nicht „grob unbillig“ ist. Dies wird daraus gefolgert, dass Kinder ab drei Jah-ren einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben.

Es stellt sich die Frage, ob dieser Unterschied zwischen geschiedenen und nicht ver-heirateten Elternteilen berechtigt ist. Bislang wird er damit begründet, dass der ge-schiedene Ehegatte das gemeinsame Kind betreut und die Dauer des Unterhaltsan-spruchs ein Ausfluss der ehelichen Solidarität ist, die nach der Scheidung weiter wirkt.

Demgegenüber beruht der Betreuungsunterhaltsanspruch eines nicht verheirateten Elternteils „nur“ auf der Betreuung des gemeinsamen Kindes. Die Neuregelung sieht vor, dass dieser Betreuungsanspruch des nicht verheirateten Elternteils grundsätzlich auf drei Jahre befristet werden soll. Um jedoch den großen Unterschied auszuglei-chen, soll die Schwelle abgesenkt werden, nach der auch über drei Jahre hinaus ein Betreuungsunterhaltsanspruch geltend gemacht werden kann.

Deshalb soll anstelle der bislang geforderten „groben Unbilligkeit“ nur noch die „ein-fache Unbilligkeit“ verlangt werden, damit die Gerichte im Einzelfall verlängerten Un-terhalt zusprechen können. Ziel soll es sein, nicht verheiratete Väter und Mütter besser zu stellen und die Betreuungssituation der vielen Kinder zu verbessern, deren Eltern nicht verheiratet sind und getrennt leben.
Entscheidend ist, wie es die Gerichte sehen, ob etwas „grob unbillig“ ist und ob die Frage von der Rechtsprechung kindbezogen oder elternbezogen beantwortet wird. In einem Fall hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht einen Unterhaltsan-spruch von mehr als drei Jahren zugesprochen (1), weil der psychisch kranken Mutter eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden konnte; eine Erwerbstätigkeit hätte Ausfluss auf die Entwicklung des Kindes.

In einem anderen Fall hat das Oberlandesgericht Nürnberg einen über drei Jahre hinausgehenden Unterhaltsanspruch abgelehnt, obwohl die allein erziehende Mutter keine Betreuungsmöglichkeit für das Kind hatte (2).

Grundsätzlich ist „grobe Unbilligkeit“ beispielsweise nicht erst dann gegeben, wenn ein Kind behindert ist. Schon unterhalb dieser Schwelle gibt es erhebliche Störungen, die eine intensivere Betreuung des Kindes erforderlich machen können.

INFO
(1) (Urteil vom 29. 12. 2003, AZ 15 UF 198/02);
(2) (OLG Nürnberg, Urteil vom 7. 10. 2002, AZ 10 UF 1677/02).