Das Virus und lhr Arbeitsplatz

Welchen Einfluss hat das Coronavirus auf lhren Arbeitsplatz?

(Stand: 22.03.2020) (Download als PDF)

 

Die nachfolgende Darstellung soll Arbeitnehmern einen kurzen Überblick über die Auswirkungen der aktuellen Situation auf ihre Arbeitspflicht und ihre Vergütungsansprüche geben.

 

1) Erkrankung

Erkrankt ein Arbeitnehmer infolge einer lnfektion mit dem Coronavirus, liegt arbeitsrechtlich betrachtet keine Sondersituation vor. Der Arbeitnehmer ist dann arbeitsunfähig erkrankt und erhält von seinem Arbeitgeber wie beijeder anderen Erkrankung für sechs Wochen weiter sein Gehalt auf der Grundlage des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Anschließend erhält er bei fortdauernder Erkrankung Krankengeld von seiner Krankenkasse.

 

2) Quarantänemaßnahmen

Ist der Arbeitnehmer hingegen mit dem Virus infiziert ohne Krankheitssymptome zu zeigen oder befindet er sich aufgrund des Kontakts mit einer infizierten Person in einer behördlich angeordneten Quarantänemaßnahme, sieht das lnfektionsschutzgesetz momentan vor, dass der Arbeitnehmer – ebenfalls für sechs Wochen wie bei der ,,normalen“ Entgeltfortzahlung – eine Entschädigung in Höhe seines Verdienstausfalls erhält. Der Arbeitgeber ist hierfür vorleistungspflichtig. Das heißt, er muss diese Zahlung zunächst an seinen Arbeitnehmer erbringen. Auf Antrag kann er sich die Zahlung dann nachträglich von der zuständigen Behörde erstatten lassen. Nach Ablauf des sechswöchigen Zeitraums hat der Arbeitnehmer einen weiteren Anspruch in Höhe des Krankengeldes.

Zu beachten ist hier allerdings, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund eines persönlichen Grundes ohne eigenes Verschulden an seiner Leistungserbringung gehindert ist, eventuell auch nach § 615 BGB seinen Vergütungsanspruch für einen angemessenen Zeitraum (ca. 10 Tage) gegenüber dem Arbeitgeber behält. Unklar ist hier aber, in welchem Verhältnis diese gesetzliche Vorschrift zu den Regelungen des lnfektionsschutzgesetzes steht. Auch die Dauer der Vergütungszahlung ist völlig unbestimmt. Dem Arbeitnehmer dürften diese Fragen in diesem Zusammenhang im Ergebnis gleichgültig sein, denn für ihn ist nicht entscheidend auf welcher gesetzlichen Grundlage er seine Vergütung erhält. Auswirkungen hat diese Frage allerdings auf den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber der Behörde. Hinzu kommt, dass die Regelung des § 616 BGB in vielen Tarifoder Arbeitsverträgen ohnehin (zulässigerweise) ausgeschlossen ist.

Nicht jede Quarantänemaßnahme bedeutet zudem, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. Arbeitet der betroffene Arbeitnehmer ohnehin im Homeoffice oder einigen sich beide Seiten darauf, dass der Arbeitnehmer während der Dauer der Quarantänemaßnahme fortan im Homeoffice arbeiten kann, erhält er für diese Tätigkeit sein normales Gehalt.

 

3) Sonstige persönliche Verhinderung des Arbeitnehmers

Besonders problematisch sind für Arbeitnehmer diejenigen Fälle, in denen sie die Betreuung ihrer Kinder aufgrund der derzeitigen Schließung von Schulen und Kindertagesstätten nicht anderweitig sicherstellen können oder sie etwa durch die Einschränkung des öffentlichen Personennahverkehrs ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen. lm Falle der Kinderbetreuung könnte jedenfalls für einen kurzen, gesetzlich aber nicht klar geregelten Zeitraum die allgemeine Regelung des § 616 BGB weiterhelfen, sofern sie im Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen wurde (s.o.). Ob diese Regelung hier zur Anwendung kommt, ist aber bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden. Bei Einschränkungen des öffentlichen Personennahverkehrs trägt der Arbeitnehmer ohnehin das sogenannte ,,Wegerisiko“. Die Frage wie der Arbeitnehmer zu seiner Arbeitsstätte kommt, ist
arbeitsrechtlich allein sein Problem. Ein Vergütungsanspruch besteht hier nicht. Dem Arbeitnehmer bleibt hier nur die Möglichkeit, bezahlten Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen oder vom Arbeitgeber eine unbezahlte Freistellung zu verlangen. lm Hinblick auf die aktuelle Ausnahmesituation dürfte bei schwerwiegenden Einschränkungen ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub bestehen. Wie die Arbeitsgerichte im Streitfall hierüber allerdings entscheiden, ist noch völlig offen.

 

4) Betriebsschließungen

Werden bestimmte Betriebe ganz geschlossen, wie dies aktuell z.B. bei Restaurants oder teilweise auch im Einzelhandel der Fall ist, liegt dies in der Risikosphäre der Arbeitgeber. Die Arbeitnehmer erhalten hier grundsätzlich weiter ihren Lohn. Dem Arbeitgeber stehen hier eventuell Erstattungsansprüche nach dem lnfektionsschutzgesetz zu. Die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist unter erleichterten Voraussetzungen möglich.

 

5) Leistungsverweigerungsrechte

Arbeitnehmer sollten keinesfalls unabhängig von einer einvernehmlichen Regelung mit dem Arbeitgeber, von behördlichen Anordnungen oder einer Erkrankung von der Arbeit fernbleiben. Die bloße Angst davor, sich auf dem Weg zur Arbeit oder bei der Arbeit anzustecken, reicht nicht aus. Andernfalls riskieren Arbeitnehmer nicht nur ihre Vergütungsansprüche, sondern eventuell sogar ihren Arbeitsplatz. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Arbeitgeber nachweislich Schutzpflichten, wie z.B. Abstandregelungen oder Hygienemaßnahmen missachtet.

 

Für die Kanzlei Jacobi Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Matthias Düringer
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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