Rücktritt des Arbeitnehmers vom Prozessvergleich wegen seiner teilweisen Nichterfüllung durch den Arbeitgeber

+++ Rücktritt des Arbeitnehmers vom Prozessvergleich wegen seiner teilweisen Nichterfüllung durch den Arbeitgeber +++
LAG Mecklenburg-Vorpommern
26.6.2012
5 Sa 253/11

1. Ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich, mit dem der Rechtsstreit erledigt wird, kann ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff BGB sein, wenn in ihm ein beiderseitiges Nachgeben zum Ausdruck kommt oder sich die Parteien zusätzlich Leistungen versprechen, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.

2. Soweit in einem Streit über die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahme auf den BAT-O nach Einführung des TVöD die Arbeitnehmerin für die Vergangenheit auf mögliche Differenzentgeltansprüche verzichtet, der Arbeitgeber dagegen die zukünftige (modifizierte) Zahlung nach dem TVöD verspricht, stehen diese beiden Leistungen im Gegenseitigkeitsverhältnis.

3. Erfüllt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Entgeltabrechnung nach den Regeln des TVöD nur unvollständig, kann dies im Einzelfall insbesondere bei Hinzutreten von Hinweisen auf mangelnde Vertragstreue des Arbeitgebers den Rücktritt von dem gerichtlichen Vergleich nach § 323 Absatz 5 BGB oder nach § 324 BGB rechtfertigen.

4. Der Streit um die Wirksamkeit des Vergleichs nach der Rücktrittserklärung ist durch Fortsetzung des Rechtsstreits, der durch den Vergleich (scheinbar) erledigt wurde, zu klären, § 323, § 324, § 779 BGB