Bauherren können auf verbraucherfreundliche Bauverträge hoffen
BGH hebt Privilegierung der VOB/B auf: Klauseln in privaten Bauverträgen werden überprüft
25.07.2008 – Ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) stärkt die Rechte Millionen privater Bauherren. Mit seiner Entscheidung hat der BGH erstmals entschieden, dass alle privaten Bauverträge rechtlich überprüft werden können. Dies wäre mit einer kürzlich verab-schiedeten Gesetzesänderung erst ab Januar 2009 möglich gewesen. Dem Urteil vorausge-gangen war eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes auf Unwirksamkeit von nicht weniger als 24 Klauseln in privaten Bauverträgen, die nach Ansicht der Verbraucher-schützer zu massiven Benachteiligungen der Bauherren führen.
In Deutschland existiert kein auf die Bedürfnisse privater Bauherren zugeschnittenes Baurecht. Als Ersatz ist die ursprünglich nur für öffentliche Bauaufträge entwickelte Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) auch Vertragsgrundlage für ge-schätzte 70 bis 80 Prozent der privaten Bau- und Handwerkerverträge. Diese Anwendung führt nach einem Rechtsgutachten im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes in nicht weniger als 24 Klauseln zu massiven Benachteiligungen privater Bauherrn: Verjäh-rungsfristen werden verkürzt, Vertragsbeendigungen erschwert, Hinweispflichten einge-schränkt, Bauzeitangaben sind irreführend und Preisangaben intransparent.
Um die Benachteiligung privater Bauherren zu beenden, hatte der Verbraucherzentrale Bun-desverband bereits im Jahr 2004 den Urheber und Verfasser der VOB/B, den deutschen Vergabe und Vertragsausschuss für Bauleistungen verklagt. In den ersten Instanzen wurde die Klage vom Landgericht Berlin und vom Berliner Kammergericht abgewiesen. Mit der gestrigen Entscheidung des BGH hat der jahrelange Rechtsstreit jetzt eine positive Wendung genommen. Nun ist das Kammergericht Berlin wieder am Zug, in der Sache zu entscheiden, welche der vom Verbraucherzentrale Bundesverband angemahnten Klauseln unwirksam sind.
Trotz des juristischen Erfolges fehlen weiterhin angemessene Rechte, die gewährleisten, dass Bauwirtschaft und Handwerk privaten Bauherren Qualität zu einem kalkulierbaren Preis nicht nur versprechen, sondern tatsächlich auch liefern. Um verlorengegangenes Vertrauen von privaten Bauherren in die Leistungsfähigkeit von Bauwirtschaft und Handwerk wieder-herzustellen, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband daher ein eigenständiges pri-vates Bauvertragsrecht im BGB. Ergänzend dazu fordert er kurzfristig weitere Regelungen zum Schutz privater Bauherren:
– Einen von der Bauwirtschaft und dem Handwerk erarbeiteten Musterbauvertrag, ver-gleichbar einem Mustermietvertrag, der die Erfahrungen der Verbraucherverbände und die Bedürfnisse der Bauherren berücksichtigt
– Mindestanforderungen an Bau- und Leistungsbeschreibungen auf Grundlage der vom Verbraucherzentrale Bundesverband und den Verbraucherzentralen erarbeiteten Mus-terbaubeschreibung,
– die Schaffung eines gesetzlichen Zahlungsplans für Teilzahlungen (Abschläge) bei Ge-neralunternehmerverträgen und
– die Regelung einer gesetzlichen Verpflichtung des Unternehmers zur Sicherheitsleistung für private Bauherren gegen die wirtschaftlichen Folgen eines Unternehmenskonkurses.
BGH-Urteil vom 24.07.2008, VII ZR 55/07