Familienrecht VIII: Wer darf was entscheiden?

Während früher in einem Scheidungsverfahren gleich auch über die elterliche Sorge über die Kinder mitentschieden werden musste, ist dies jetzt nicht mehr der Fall. Erst auf Antrag eines Elternteils hin wird das Sorgerecht schon mit der Scheidung geregelt. Ohne entsprechenden Antrag bleibt das gemeinsame elterliche Sorgerecht über die Trennung und Scheidung hin-aus solange bestehen, bis ein Elternteil beim Familiengericht eine Änderung beantragt und durchsetzt.

Dabei wird nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterschieden. Der Grund dafür ist, dass auch bei nicht miteinander verheirateten Eltern durch eine öffentlich beurkundete Sorgeerklärung eine gemeinsame Sorgeberechtigung begründet werden kann. Ohne eine solche wirksame Sorgerklärung bleibt die nicht verheiratete Mutter alleine sorge-berechtigt.

Gegebenenfalls kann das Familiengericht die elterliche Sorge nicht nur als Ganzes mit den Bestandteilen Personensorge, Vermögenssorge und gesetzliche Vertretung, sondern auch zu einem Teil auf einen Elternteil allein übertragen (1).
Trennung und Scheidung stellen zwar die gemeinsame elterliche Sorge juristisch nicht mehr zwingend in Frage, aber doch verändern sie tiefgreifend die tatsächlichen Lebensverhältnis-se.
Durch die Trennung oder Scheidung zerfällt die Lebensgemeinschaft in zwei getrennte Haushalte. Darunter leiden die Kinder oft mehr als die sich Trennenden. Aber das Kind kann nicht wie ein Vagabund zwischen zwei Haushalten hin- und herziehen, sondern muss seinen ständigen Aufenthalt wohl oder übel bei einem Elternteil nehmen.
Der Gesetzgeber versucht dieser schwierigen Situation gerecht zu werden, indem er fünf Sorgeangelegenheiten unterscheidet (2):
1. Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist: Hier sollen die Eltern im gegenseitigen Einvernehmen die notwendige Entscheidung ge-meinsam treffen. Können sie sich nicht einigen, kann ggf. das Gericht die Entschei-dung einem Elternteil übertragen. Zu den wichtigen Angelegenheiten zählen Schulart, Ausbildung, Krankenhausbehandlung und Operation sowie Auslandsaufenthalt.

2. Angelegenheiten des täglichen Lebens: Dies sind solche Angelegenheiten, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (3). Derjenige Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, kann dies alleine regeln.

3. Angelegenheiten der täglichen Betreuung: Dies sind typischerweise Angelegenhei-ten, die auch bei einem Besuch beim anderen Elternteil anfallen können, wie Essen, Kleidung, Hygiene und Freizeit während des Besuches. Auch dies regelt derjenige El-ternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält.

4. Notwendige Rechtshandlungen zum Wohl des Kindes bei Gefahr im Verzug: Unauf-schiebbare Handlungen wie z.B. ein Krankenhausaufenthalt nach einem Unfall darf jeder Elternteil allein vornehmen, wenn die Entscheidung zum Wohle des Kindes er-forderlich ist. Er hat aber den anderen Elternteil unverzüglich zu unterrichten (4).

5. Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil: Der Kindesunterhalt wird separat ausführlich zu behandeln sein. Hier ist nur festzustellen, der derjenige Elternteil, in dessen Obhut das Kind sich befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen kann.

(1) § 1671 I, 1672 I 1 BGB;
(2) (2) § 1687 BGB;
(3) 83) § 1687 I BGB; (4) § 1629 I 4 BGB