Wenn Eltern versagen und das Kindeswohl gefährdet ist, muss der Staat schützend eingreifen. Nach dem BGB (1) ergreifen die zuständigen Familienrichter zu diesem Zweck die er-forderlichen Maßnahmen.
Dabei gehen die Familienrichter regelmäßig zuerst einmal davon aus, dass die Eltern am besten wissen, was für das Kind gut ist. Die Nähe zu den Eltern bleibt auch und gerade dann sehr wichtig, wenn der Familienverband zerbrochen ist. Die Kinder sollen wenigstens noch den Überrest dessen bekommen, was an familiärer Nähe übrig geblieben ist.
Von dieser grundsätzlichen Einstellung müssen die Richter aber immer dann Abstand neh-men, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist. Je nach Ausmaß der Gefährdung gibt es un-terschiedliche Maßnahmen. Dabei ist die Trennung des Kindes von seinen Eltern und die Übertragung der Personensorge auf einen Dritten die letzte Maßnahme, wenn andere nicht erfolgsversprechend sind.
Hier einige Beispiele mit den entsprechenden Maßnahmen: Ein Kleinkind alkoholabhängiger Eltern ist unterernährt und muss in einer Klinik deshalb behandelt werden: Den Eltern wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen (2).
Kinder leben verschmutzt und nur notdürftig begleitet mitten im Winter in einer ungeheizten Wohnung, werden mit Popcorn ernährt und sind bereits schwer verhaltensgestört: Entzie-hung der Personensorge (3).
Ein 13-jähriges Kind wird von der Mutter, die jeden Kontakt mit dem Jugendamt hartnäckig ablehnt, maßlos gezüchtigt: Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (4).
Ein 16-jähriges Mädchen wird vom Vater immer wieder geschlagen, mit Füßen getreten und mit einem Schraubenzieher verletzt; während seiner Heimunterbringung wird es massiv un-ter Druck gesetzt, damit es wieder in die Familie zurückkehre: Entziehung der ganzen Per-sonensorge (5).
Wann nun eine konkrete Gefährdung des Kindeswohles vorliegt, ist aber immer eine Frage des Einzelfalles. Leicht zu beantworten ist diese, wenn das körperliche Wohl betroffen ist oder in Fällen wie den genannten Beispielen.
Das geistige und seelische Wohl ist sehr viel schwerer zu beurteilen. Einerseits ist der Scha-den weniger leicht feststellbar, und andererseits dürfen Familiengerichte die Wertvorstellung der Eltern nicht einfach durch eigene ersetzen, sondern müssen respektieren, dass Eltern ihre Kinder nach ihren eigenen Vorstellungen erziehen dürfen (6).
(1) §§ 1666 ff. BGB; (2) BayObLG:FamRz 88, 748; (3) BayObLG FamRz 89, 422;
(4) BayObLg FamRz 94, 975; (5) BayObLG FamRz 93, 229; (6) BverfG FamRZ 89, 145.