Kaufvertragsrecht Gewährleistung/Garantie

+++ Kaufvertragsrecht Gewährleistung/Garantie +++
OLG Frankfurt – LG Marburg
21.6.2012
15 U 147/11

1. § 439 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, wonach der Käufer als Nacherfüllung die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen kann, umfasst nicht die Kosten des Einbaus der mangelfreien Sache, wenn die Voraussetzungen einer allein in Betracht kommenden Haftung des Verkäufers unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt Leistung mangels Vertretenmüssens des Mangels nicht vorliegen (Anschluss BGH, 15. Juli 2008, VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837).

2. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (16. Juni 2011, C-65/09, VersR 2011, 1527) dahingehend, dass der Verkäufer zum Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts oder aber zur Tragung der Einbaukosten verpflichtet ist, kommt nur bei einem Verbrauchsgüterkauf in Betracht, nicht aber bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern; diese können sich auf Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/1999 nicht berufen.

3. Die Beschränkung der richtlinienkonformen Auslegung des § 439 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf ist nicht zu beanstanden. Weder das innerstaatliche Rechtsstaatsprinzip noch der Gleichheitssatz verbieten eine unterschiedliche Auslegung.

4. Der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung ist nicht infolge der Genehmigungsfiktion nach § 377 Abs. 2 HGB wegen unterlassener unverzüglicher Mängelanzeige ausgeschlossen, wenn der Mangel nicht bereits bei der Auslieferung erkennbar war sondern erst nach seiner Verarbeitung (hier: mangelnde Druckfestigkeit von Dämmplatten). Rügt der Käufer die Mängel unverzüglich, nachdem er sie nach Verarbeitung der Ware festgestellt hat, gegenüber dem Vorverkäufer, der die Ware auf Weisung der Verkäufers unmittelbar an ihn geliefert hat, so hat er seiner unverzüglichen Rügepflicht i.S.d. § 377 Abs. 1 HGB genüge getan.

BGB § 278, § 437 Nr 3, § 439 Abs 4
HGB § 439 Abs 1 S 1 Alt 2
EGRL 44/1999 Art 3 Abs 3