Baurecht XIV: Wer muss an den Pranger?

Die Renovierung des Altbaus ist weitestgehend abgeschlossen. Plötzlich muss der Bauherr feststellen, dass ein Mangel vorhanden ist. Als er den Architekten und den Handwerker anspricht, muss er aber feststellen, dass jeder für sich der Auffassung ist, keinen Fehler gemacht zu haben und die Verantwortung beim anderen sieht. Der Bauherr kann selbst aber nicht beurteilen, wer den Mangel zu verantworten hat.
Tatsächlich ist die Haftungsverteilung zwischen dem Handwerker und dem Architekten problematisch. Die ersten Schwierigkeiten ergeben sich schon bei der schlichten Frage nach der tatsächlichen Verantwortung. Liegt ein Planungsfehlers vor oder handelt es sich um einen Ausführungsfehler? Hätte ihn den der Architekt bei ordentlicher Überwachung feststellen müssen oder ist ihm ein Überwachungsfehler nicht vorzuwerfen? Die Antworten darauf kennt der Bauherr oft nicht.
Noch schwieriger kann es werden, wenn aufgrund der Verträge beispielsweise unterschiedliche Verjährungsfristen vereinbart wurden oder dass der Architekt nur subsidiär haftet oder nur für nicht versicherbare Schäden eingeschränkt haftet.
Sinnvoll in dieser Situation wird es für den Bauherrn deshalb sein, erst einmal ein selbstständiges Beweisverfahren zu veranlassen und dann möglicherweise einem der vermeintlichen Verantwortlichen den Streit zu verkünden. So kann er sich absichern, falls eine der genannten Fragen zu einem überraschenden Ergebnis führt und er die Verantwortung irrtümlich beim Falschen vermutete.
Aber nicht nur für den Bauherrn ist diese Vorgehensweise von wesentlicher Bedeutung. Wird beispielsweise in einem solchen selbstständigen Beweisverfahren einerseits festgestellt, dass der Handwerker bei der Ausführung seiner Arbeiten einen vorwerfbaren Fehler gemacht hat und andererseits stellt der Gutachter gleichzeitig fest, dass der Architekt im Rahmen seiner Bauaufsicht den Fehler übersah, obwohl er ihn hätte sehen können, dann haften beide gegenüber dem Bauherrn. Im Verhältnis zwischen Architekt und Handwerker kann der Architekt dann vom Handwerker aber fordern, dass dieser den Schaden alleine trägt und gegebenenfalls den Architekten von den begründeten Schadensersatzansprüchen des Bauherrn freistellt.

INFO:
(1) OLG Koblenz, Urteil vom 25.06.2007, Aktenzeichen 12 O 1435/05.

Autor Christian Jacobi ist
Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht in Eberbach.