Bauherr und Handwerker hatten sich auf eine vertragliche Leistung geeinigt. Leider ist „der Chef“ selten vor Ort, sondern arbeitet auf einer anderen Baustelle. Der Bauherr ist mit den Leistungen frühzeitig sichtlich nicht einverstanden und fordert den Handwerker auf, erkennbare Mängel zu beseitigen. Da erhält er die Aufforderung, einen ersten Abschlag zu bezahlen.
Zunächst einmal ist der Handwerker verpflichtet, die volle Leistung zu erbringen, bevor er die Vergütung verlangen kann, dies sieht die gesetzliche Ausgestaltung solcher Werkverträge grundsätzlich vor. Mit dieser Vorleistungspflicht trägt er ein erhebliches Risiko, falls der Bauherr später für die erhaltende Leistung nicht zahlen kann oder will. Da dies ein beachtlicher Nachteil ist, trat der Gesetzgeber mit § 632 a BGB dem etwas entgegen und ermöglichte dem Handwerker, „für in sich abgeschlossene Teile“ seiner Arbeit Abschlagszahlungen zu fordern.
Indem der Gesetzgeber aber nicht weiter definiert hat, was „in sich abgeschlossene Teile“ der Leistung sind, waren Meinungsunterschiede zwischen Richtern und der Fachliteratur vorprogrammiert und sind jetzt Gegenstand aktueller – unterschiedlicher – Entscheidungen.
Wie verhält es sich aber, wenn die Frage, ob es sich um einen abgeschlossenen Teil handelt, unproblematisch ist und es nur darum geht, ob aufgrund bestehender Mängel eine Abschlagszahlung gefordert werden kann, ggf. in welcher Höhe, oder auch nicht?
Renommierte Professoren und Richter am BGH vertreten die Auffassung, dass der Bauherr von der Abschlagszahlung einen Betrag abziehen kann, der dem zwei- oder dreifachen der Beseitigungskosten für den reklamierten Mangel entspricht. Den verbleibenden Betrag der Forderung müsste er nach dieser Auffassung jedoch zahlen.
Ganz anders – und für den Handwerker bitter – hat jetzt das OLG Schleswig entschieden. Hat er beispielsweise gemäß der oben genannten Rechtsauffassung Mangelbeseitigungskosten in dreifacher Höhe berücksichtigt und nur den Differenzbetrag zu seiner Abschlagsrechnung eingeklagt, dann fiel er bei der Urteilsverkündung vermutlich aus allen Wolken.
Wenn ein wesentlicher Mangel vorlag, dann war nach der Auffassung dieses OLG der Anspruch des Handwerkers wegen der Abschlagszahlung noch nicht einmal fällig (1). In der Entscheidung setzt sich das Gericht in der Berufungsinstanz mit der genannten Auffassung auseinander und lehnt sie zumindest für wesentliche Mängel ab. Es sei „nämlich kein Grund ersichtlich“, warum der Bauherr beim Vorliegen wesentlicher Mängel dem Zahlungsanspruch nicht mit seinem Zurückbehaltungsrecht entgegentreten dürfte, bis der Mangel beseitigt ist.
Unbekannt ist, ob diese Entscheidung zur Gefährdung von Arbeitsplätzen führte.
INFO:
(1) OLG Schleswig Urteil vom 30.03.2007, Aktenzeichen 17 U 21/07.
Autor Christian Jacobi ist
Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht in Eberbach.