Bei getrennt lebenden Eltern stellt sich regelmäßig die Frage, ob das Sorgerecht für ein Kind auf einen Elternteil übertragen werden kann. Das Familiengericht regelt diese Frage nur auf Antrag desjenigen Elternteils, der die alleinige Sorge oder wenigstens einen Teil davon er-langen will.
Ein Beispiel: Die Eltern leben weit voneinander getrennt, sie wollen sich aus steuerrechtli-chen Gründen jedoch nicht scheiden lassen. Der Vater hat eine neue Lebensgefährtin und will deshalb das Sorgerecht für die 15-jährige Tochter auf die Mutter übertragen und sein eigenes Umgangsrecht reduzieren. Die Tochter, in der Pubertät, streitet sich jedoch häufig mit der Mutter und will ihr deshalb nicht noch mehr „ausgeliefert“ sein.
Erfolg hat ein solcher Antrag nur in zwei Fällen: Entweder stimmt ihm der andere Elternteil zu, oder der Antrag entspricht am besten dem Kindeswohl. In allen anderen Fällen ist der Antrag abzulehnen. Die Zustimmung des anderen Elternteils hilft jedoch nicht, wenn das Kind schon 14 Jahre alt ist und dem Antrag widerspricht.
Wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird und auch dem Kindeswohl entspricht, so er-geht ein Beschluss des Familiengerichtes, der die elterliche Sorge rechtsgültig neu regelt. Ein solcher Beschluss wird mit der Zustellung wirksam – vollstreckbar ist er jedoch nicht.
Die Eltern alleine, ohne das Familiengericht, können das Sorgerecht nicht wirksam einem Elternteil übertragen, auch nicht durch einen Prozessvergleich regeln. Allerdings können sie durch ihr praktisches Handeln oder stillschweigendes Dulden der Fakten dafür sorgen, dass das Gericht nichts davon erfährt und so auch keine gerichtlichen Ermittlungen über das Kindeswohl aufnimmt.
Im genannten Beispiel wäre es denkbar, dass eine Übertragung des Sorgerechtes auf die Mutter im Interesse des Kindes liegen könnte. Wäre die Tochter beispielsweise erst 12 Jahre alt, wird auf einen entsprechenden Antrag hin das Gericht entscheiden, wenn der andere Elternteil zustimmt. Lehnt dieser den Antrag jedoch ab, wird das Gericht durch ein Gutachten überprüfen lassen, ob eine Übertragung des Sorgerechts dem Kindeswohl am meisten ent-sprechenden würde. Die Zustimmung des anderen Elternteils bindet das Familiengericht – mit einer Ausnahme: wenn die Zustimmung massiv das Kindeswohl gefährden würde.
Ist das Kind bereits 14 Jahre alt und widerspricht dem Antrag, wird durch ein Gutachten fest-gestellt, was seinem Wohl am besten entspricht. Dabei wird das Kind persönlich angehört und kann maßgeblich mit beeinflussen, bei welchem Elternteil es leben will.