Familienrecht VII: Nicht davonstehlen

Die Rechtsanwälte Dr. Jacobi und Kollegen beleuchten in dieser Serie aktuelle und künftige Änderungen im Familienrecht. Hier geht es darum, ob man sich durch einen Wechsel vom Erwerbstätigen zum Hausmann, sogar in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, seiner Unterhaltspflichten entledigen kann.

In einem Fall der dem BGH zur Entscheidung vorlag, lebt ein zum Unterhalt für seine minderjährigen Kinder und seine geschiedene Frau Verpflichteter inzwischen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dort betreut er das aus dieser Verbindung hervorgegangene Kind und führt den Haushalt; die Partnerin arbeitet. Der Mann beantragt jetzt, den Betreuungsunterhalt für seine geschiedene Ehefrau herabzusetzen.
Es stellt sich die Frage, ob ein zum Unterhalt verpflichteter Ehepartner/Elternteil sich ohne Weiteres aus dem Berufsleben verabschieden und ausschließlich der Fürsorge für die neue Familie zuwenden kann. Müssen die Unterhaltsempfänger seinen Rollenwechsel vom Familienernährer zum Hausmann (oder auch umgekehrt zur Hausfrau) grundsätzlich hinnehmen?
Wer vermutet, dass das nicht so leicht geht, dem gibt der BGH Recht, der diese Frage eindeutig zu Gunsten der Unterhaltsberechtigten aus der früheren Beziehung beantwortet: Der Unterhaltsverpflichtete darf sich nicht ohne Weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie beschränken. Nur unter engen Voraussetzungen muss diese Änderung hingenommen werden.
Unterhaltsrechtlich ist der Unterhaltsverpflichtete, der einen solchen Wechsel wahrnimmt, nur gegenüber den neuen Familienmitgliedern entlastet. Gegenüber den Kindern aus seiner ersten Ehe und – noch – gegenüber seinem kinderbetreuenden geschiedenen Ehegatten ist der Unterhaltsverpflichtete gehalten, grundsätzlich wenigstens eine Nebentätigkeit aufzunehmen, um auch zum Unterhalt seiner ersten Familie beitragen zu können. Gegebenenfalls kann für die Haushaltsführung oder die Betreuung des Kindes in der zweiten Ehe eine entgeltliche Betreuung in Anspruch genommen werden.
In dem entschiedenen Fall (1) hält der Senat diese Rollenverteilung für nicht hinnehmbar. Denn sie müsse einen erheblichen Vorteil für die neue Familie ausmachen. Dafür reiche es aber unter keinen Umständen aus, wenn die neue Partnerin ein nur unwesentlich höheres Einkommen erzielt als der Unterhaltsverpflichtete vorher selbst.
Weiterer wichtiger Grundsatz für dieses Urteil: Die Richtlinien für die Rollenverteilung gelten nicht nur für den Fall der Wiederverheiratung, sondern auch im Falle der nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

INFO:
(1) BGH XII ZR 308/98.