Die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern erleben Kinder oft als Zusammenbruch ihres Fun-damentes gleich einem Erdbeben. Wenn dann im Rahmen des streitigen Sorgerechtes das Wohl des Kindes zur Prüfung ansteht, müssen familienpsychologische Sachverständige vor ihrer Entscheidung besonders die Stärke und Tragfähigkeit der Bindung des Kindes an Vater oder Mutter ergründen. Dabei ist die Stärke der Bindung des Kindes an den einen Elternteil selbst dann ausschlaggebend, wenn es mit der betreffenden Person Probleme gibt, eine Trennung aber dem Kind schwer schaden würde (1).
Oft wird die ideologisch begründete These vertreten, dass Vater und Mutter im Streit um die Kinder gleichberechtigt seien. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Familienpsychologi-sche Gutachten ergeben regelmäßig, dass überwiegend die Mütter ihre Kinder betreuen und für sie die wichtigste Bezugsperson sind. Regelmäßig befürworten daher die Gutachten eine Übertragung des Sorgerechtes auf die Mutter. Wer dagegen im Streit mit der Chancen-gleichheit der Eltern argumentiert, übersieht, dass nach dem Gesetz (2) nicht das Wohl der Eltern, sondern das des Kindes entscheidend ist.
Die Gutachten kommen insbesondere dann zu einer abweichenden Entscheidung, wenn sich andere Faktoren als besonders wichtig herausstellen. Hierzu zählt regelmäßig die Bindung an die Geschwister, wenn diese beispielsweise beim Vater bleiben wollen (3) oder wenn in der Trennungszeit die Großeltern das Kind betreuten und die Mutter von diesen weit weg zog (4).
Außerdem hat der Gutachter die Fähigkeit der Eltern zur Erziehung zu berücksichtigen. Ex-treme Vernachlässigung durch die Mutter (5) oder Vorstrafen des Vaters (6) sind Beispiele dafür, dass der Gutachter die ganze oder teilweise Entziehung des Sorgerechts empfiehlt.
(1) OLG Frankfurt FamRz 82, 521 BGH NJW 85, 1703);
(2) § 1671 BGB;
(3) OLG Hamm FamRz 79, 854;
(4) (4) OLG Hamm FamRz 80, 485;
(5) BGH FamRz 76, 447;
(6) FamRz 91, 1341).