Da eine Ehe vor Ablauf eines Trennungsjahres in der Regel nicht geschieden wird, muss beispielsweise eine getrennt lebende Hausfrau noch keine Arbeit suchen. Erst wenn die Ehe endgültig geschieden ist, muss sich der bis dahin nicht berufstätige und bedürftige Ehegatte eine Arbeit suchen. Dann aber erwartet man von ihm den gleichen Einsatz wie von einem Geschiedenen. Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit während des Ge-trenntlebens ist die Ausnahme.
Ob die Erwerbstätigkeit angemessen (zumutbar) ist, umschreibt das Gesetz (1) aber nur un-genau. Beispielsweise kann sie wegen Kindesbetreuung, Alter oder Krankheit unzumutbar sein. Wenn ein Ehegatte wegen dieser Umstände nach der Scheidung nicht arbeiten müsste, muss er es während der Trennung erst recht nicht.
Je länger die Ehe gewährt hat, desto mehr richtet sich die Angemessenheit und Zumutbar-keit einer Tätigkeit für den bis dahin nicht erwerbstätigen Partner nach dem Niveau von Be-ruf, Karriere und Einkommen des Ehegatten, der bislang mit seinem Einkommen den Famili-enunterhalt bestritten hat.
Die Fortsetzung einer bereits begonnenen Tätigkeit ist eher zumutbar, als die Neuaufnahme. Wer beispielsweise ein sechsjähriges gemeinsames Kind betreut, muss nicht arbeiten, die Betreuung eines elfjährigen Schülers kann eine Teilzeitbeschäftigung ermöglichen.
(1) § 1361 Abs. 2 BGB;
(2) Literatur: BGH FamRZ 87, 912;
(3) BGH FamrRZ 95, 995.