Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen nur bei Zahlung des Mindestlohnes
Das Land Niedersachsen erteilte nach Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung einem
Bauunternehmen den Auftrag für die Vornahme von Roharbeiten bei der Errichtung einer
Justizvollzugsanstalt. In dem Werkvertrag wurde Bezug genommen auf eine vom Land
vorformulierte Vereinbarung. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung ist der Unternehmer unter
Bezugnahme auf das niedersächsische Vergabegesetz zumindest zu der Zahlung des am
Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehenen Entgeltes an die bei ihm Beschäftigten
verpflichtet. Diese Verpflichtung erstrecke sich auch auf die von ihm herangezogenen
Nachunternehmer. Der Unternehmer müsse die Einhaltung dieser Verpflichtung
überwachen. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Nachunternehmer nur an 46,57%
seiner Bauarbeiter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn ausgezahlt hatte, kündigte
das Land Niedersachen den Werkvertrag mit dem Unternehmer und dieser wiederum den
Vertrag mit seinem Nachunternehmer und verlangte überdies die Zahlung einer
Vertragsstrafe. Der Unternehmer war hiermit nicht einverstanden.
Das Oberlandesgericht Celle setzte das Verfahren aus und beschloss die Vorlage an den
Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften. Es müsse vorab geklärt werden, ob die im
Landesvergabegesetz vorgeschriebene Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber zur
Vergabe von Aufträgen nur an Unternehmer, die sich zur Zahlung des tarifvertraglich
vorgesehenen Mindestlohnes verpflichteten, mit der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49 EG
im Einklang stehe. Nach Ansicht des vorlegenden Senates liege ein Verstoß vor, weil sich
die Verpflichtung zur Beschäftigung zu ortsüblichen Tarifbedingungen nicht aus zwingenden
Gründen des Allgemeinwohles ergebe. Der Sinn des Tariftreuegesetztes liege u.a. in der
Herbeiführung einer Abschottung des deutschen Marktes vor der Konkurrenz aus den
anderen Mitgliedsstaaten.
OLG Celle vom 18.07.2006, 13 U 72/06