In der Serie Familienrecht beleuchten die Rechtsanwälte Dr. Jacobi und Kollegen an je-dem zweiten Freitag Fragen aus dem Alltag des Familienrechts. Diese Folge beschäftigt sich in einer ersten, groben Übersicht mit dem Ehegattenunterhalt. Besonders wichtig ist es hier, die Phasen Trennung und Scheidung auseinanderzuhalten.
So kann es in einem praktischen Fall aussehen: Nach jahrelangem, zähem Ringen verlassen beide Ehegatten lächelnd das Familiengericht. Die Ehe wurde rechtskräftig geschieden, der Trennungsunterhalt zwischen den Partnern einvernehmlich geregelt. Der unterhaltsberech-tigte Partner erhält nun laufende monatliche Zahlungen zum Unterhalt, die den Lebensbedarf ausreichend decken.
Aber zu unterscheiden ist: Während der Trennung gibt es Trennungsunterhalt, nach der Scheidung nachehelichen Unterhalt. Die Höhe richtet sich grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Hier treffen oft Wunsch und Wirklichkeit aufeinander. Zunächst ist der Unterhaltsbedarf gemeint, den der getrennt lebende bzw. geschiedene Ehegatte monatlich braucht, um den Lebensstand wie er zu Zeiten der Ehe bestand, während der Trennung bzw. nach der Scheidung aufrechtzuerhalten.
Wenn nicht alles geregelt wurde, kann es nach der Scheidung zu einem bösen Erwachen kommen: Die Unterhaltszahlungen des Partners bleiben aus. Der unterhaltsberechtigte Ehe-gatte muss sich sagen lassen, dass der für das Getrenntleben vereinbarte Unterhalt nicht mehr maßgeblich ist. Der nacheheliche Unterhalt muss neu berechnet werden. Auch wenn der Partner durch ein Urteil verpflichtet war, den Trennungsunterhalt zu zahlen, so gilt dieses Urteil doch nur bis zur Rechtskraft der Scheidung. Werden danach keine Zahlungen mehr geleistet, so kann der Unterhalt rückwirkend nur unter bestimmten Voraussetzungen, insbe-sondere einer konkreten Zahlungsaufforderung, geltend gemacht werden.
Erfüllbar ist der verständliche Wunsch nach bedarfsgerechtem Unterhalt aber nur, wenn die vorhandenen Mittel auch die Mehrkosten getrennter Haushalte decken, denn der „volle“ Lebensbedarf umfasst unter anderem auch die Kosten einer angemessenen Kranken- und Al-tersversicherung sowie den trennungsbedingten Mehrbedarf.
Deshalb fällt der volle Unterhalt nach dem „Maß der ehelichen Lebensverhältnisse“ für viele höher als die Hälfte des verteilbaren Einkommens aus. Auf der anderen Seite ist ein Bedarf nicht auch schon automatisch ein bestehender Anspruch, denn Unterhalt bekommt nur, wer bedürftig ist. Der Anspruch gegen den unterhaltsverpflichteten Ehegatten beschränkt sich auf denjenigen Teil des Bedarfs, den der Unterhaltsberechtigte nicht selbst decken kann. Aber selbst wenn der Unterhaltsberechtigte im vollen Umfang seines Bedarfes auch „bedürftig“ ist, scheitert sein Anspruch auf vollen Unterhalt oft daran, dass ihn der andere Ehegatte nicht zahlen kann.
Auch wenn also die Vorfragen über Unterhaltsbedarf und –Bedürftigkeit geklärt sind, lässt sich immer noch über die Höhe des Unterhaltes streiten – eine komplizierte Materie.