Die Eltern schulden ihrem Kind Unterhalt und auch eine Ausbildung. Aber die Grenzen dieser Verpflichtung sind früher erreicht als es allgemein bekannt ist, unter Umständen schon vor der Volljährigkeit des Kindes. Denn auch das Kind hat Verpflichtungen, die es nicht vernachlässigen darf.
Nach §1618a BGB sind Eltern und Kinder einander Beistand schuldig. Für das minderjährige Kind folgt daraus, dass es verpflichtet ist, nach dem Abschluss der allgemeinen Schulausbildung eine berufliche Ausbildung anzutreten und zügig durchzuführen. Nimmt ein minderjähriges Kind an keiner Ausbildung teil, so ist es zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet (1), es ist also im Verhältnis zu seinen Eltern von einer „Erwerbsobliegenheit“ betroffen.
Verstößt ein minderjähriges Kind dagegen, so muss es sich in erzielbarer Höhe fiktive Einkünfte zurechnen lassen, die es bedarfsdeckend einzusetzen hat (2). So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass ein 16 1/2-jähriges Kind eine Tätigkeit auf Stundenbasis aufnehmen kann, wenn eine Ausbildungsstelle nicht sofort angetreten werden kann.
Die Gerichte gehen in diesen Fällen davon aus, dass zwar grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch besteht, die Bedürftigkeit aber durch eigene, zumutbare Erwerbstätigkeit eines Minderjährigen gedeckt werden kann. Es wird angenommen, dass ein bestimmter Betrag, z. B. die Vergütung eines Auszubildenden im ersten Lehrjahr oder aber eine zehnstündige Wochenarbeitszeit zu Grunde gelegt werden kann. In diesen Fällen
muss also gar kein schweres Fehlverhalten eines Unterhaltsberechtigten den Anlass liefern, dass ein Unterhaltsanspruch nicht mehr zugebilligt wird.
Die Rechtsprechung geht dabei sogar so weit, dass diese Erwerbs- und Ausbildungsobliegenheit auch Jugendliche unter 16 Jahren treffen kann. Denn Kind im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes ist nur, wer noch nicht 15 Jahre alt ist. Deswegen bestünden auch grundsätzlich keine Bedenken, einem Fünfzehnjährigen eine Erwerbsobliegenheit aufzuerlegen.
In diesen Fällen muss der Unterhaltsberechtigte ausführlich darlegen, warum er keine Erwerbstätigkeit ausüben kann. Es wird dann allenfalls berücksichtigt, dass wegen des jungen Alters nur eine eingeschränkte Tätigkeit möglich ist. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in einem Fall einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 249 Euro – der sich nach dem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten ergeben hätte – verneint. Denn er hätte durch eigenes Einkommen des Minderjährigen gedeckt werden können.